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Seminar: 10-GER-MA-B1-1 Fake: Literarische Fälschung und kontrafaktisches Erzählen - Details

Seminar: 10-GER-MA-B1-1 Fake: Literarische Fälschung und kontrafaktisches Erzählen - Details

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Allgemeine Informationen

Veranstaltungsname Seminar: 10-GER-MA-B1-1 Fake: Literarische Fälschung und kontrafaktisches Erzählen
Untertitel auch in D4 Modul
Veranstaltungsnummer 10-GER-MA-B1-1
Semester WiSe 2025/2026
Aktuelle Anzahl der Teilnehmenden 16
erwartete Teilnehmendenanzahl 20
Heimat-Einrichtung Germanistik
Veranstaltungstyp Seminar in der Kategorie Lehre
Nächster Termin Donnerstag, 11.12.2025 18:00 - 20:00, Ort: GW2 B3010 (Kleiner Studierraum)
Art/Form
Englischsprachige Veranstaltung Nein

Modulzuordnungen

Kommentar/Beschreibung

In den Zeiten von Fake News, ‚alternativer Fakten‘ und bisweilen halluzinierender KI sollte
sich ein Blick darauf lohnen, dass es auch in der Literatur, in der das Verhältnis von Fiktionalität
und Faktualität immer eine Rolle spielt, Fälle von Fälschung gegeben hat: Literarische Texte
werden anderen, nicht existenten Verfasser:innen zugeschrieben, deren (ebenfalls fiktive)
Biographie besondere Authentizität verspricht. In anderen Texten erprobt die Literatur
‚kontrafaktische Geschichtsdarstellungen‘, Versionen von ‚alternative history‘, in denen sich
häufig utopische und dystopische Elemente miteinander verbinden. Was kann kontrafaktisches
Erzählen für die Auseinandersetzung mit kollektiven Geschichtsbildern leisten? Was für
Konzepte von Geschichte werden aufgerufen und verformt? Sagt das etwas aus über den
Stellenwert von Fiktion in Bezug auf Historie und die scheinbare Alternativlosigkeit politischen
Denkens und Handelns?

Das bekannteste Beispiel einer ‚literarischen Fälschung‘ ist die Erfindung eines altgälischen
Epos, das der Schotte James Macpherson angeblich ins Englische übersetzt haben wollte (ohne
dass ein Original existierte), und dessen angeblichen Autors Ossian, worüber Herder, Goethe
und viele andere Zeitgenossen (die an der Echtheit nicht zweifelten) in Verzückung gerieten.

Aufschlussreich sind aber auch Fälle von ‚unernster‘ Fälschung, in denen das Verhältnis von
Fiktionalität und Faktizität reflektiert wird: Der spanische Autor Max Aub erfindet den
kubistischen Maler Jusep Torres Campalans und stattet ihn nicht nur mit einer Biographie aus,
sondern schreibt ihm auch noch Bilder zu, die er selbst gemalt hat (Jusep Torres Campalans,
1958). Wolfgang Hildesheimer schreibt die Biographie eines englischen Kunsthistorikers
(Marbot, Eine Biographie, 1981), den es nie gegeben hat, und zitiert dabei Äußerungen über
diesen von Goethe, Schopenhauer und vielen anderen. Frank Witzel erfindet in Meine
Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts (2024) Autorinnen und Autoren gleich dutzendweise,
stattet sie mit Lebensläufen und Werkverzeichnissen aus und gibt Textproben aus ihren
Werken. Normen Gangnus schreibt Tagebücher und Briefe eines Kunsthistorikers, der im
Auftrag Hermann Görings Kunstwerke in ganz Europa zusammenstiehlt, Werke ‚entarteter
Kunst‘ aber auch vor der Vernichtung rettet, und gibt in einem umfangreichen
Anmerkungsapparat historische Erläuterungen dazu (Die Aufzeichnungen und Briefe des Arved
von Sternheim. Band 2. Die Jahre 1943-1945. Hg. von Normen Gangnus, 2025).

In Otto Basils Wenn das der Führer wüsste (1966) haben Hitlers Armeen den Krieg gewonnen,
die Welt ist aufgeteilt in ein Germanisches Weltreich und Japan. Dabei geht es unaufhaltsam
auf einen 3. Weltkrieg zu. / Am Ende des 2. Weltkriegs wird das unterlegene Land
deindustrialisiert und in ein Agrarsystem umgewandelt (Christoph Ransmayr: Morbus
Kitahara, 1995). In Christian Krachts Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten
(2008) hat Lenin 1917 die Schweiz nicht verlassen. Somit gab es keine Oktoberrevolution in
Russland, aber die Schweiz wurde eine Sowjetrepublik, was zu einem völlig anderen Verlauf
der Geschichte des 20. Jahrhunderts geführt hat.

Lit.:
Anne-Kathrin Reulecke (Hg.): Fälschungen. Zu Autorschaft und Beweis in
Wissenschaften und Künsten. Frankfurt/M. 2006; Thomas Strässle: Fake und Fiktion. Über die
Erfindung von Wahrheit. München 2019; Martin Doll: Fälschung und Fake. Zur kritischen
Dimension des Fälschens. Berlin 2022; Christoph Rodiek: Erfundene Vergangenheit.
Kontrafaktische Geschichtsdarstellung (Uchronie) in der Literatur. Frankfurt/M. 1997; Andreas
Martin Widmann: Kontrafaktische Geschichtsdarstellung. Heidelberg 2009.

Anmeldemodus

Die Auswahl der Teilnehmenden wird nach der Eintragung manuell vorgenommen.

Nutzer/-innen, die sich für diese Veranstaltung eintragen möchten, erhalten nähere Hinweise und können sich dann noch gegen eine Teilnahme entscheiden.