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Seminar: 10-GER-BA-A3-7 Literarische Erinnerungskultur am Beispiel der Geschichtsromane der 1970er Jahre und der Gegenwart - Details

Seminar: 10-GER-BA-A3-7 Literarische Erinnerungskultur am Beispiel der Geschichtsromane der 1970er Jahre und der Gegenwart - Details

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Allgemeine Informationen

Veranstaltungsname Seminar: 10-GER-BA-A3-7 Literarische Erinnerungskultur am Beispiel der Geschichtsromane der 1970er Jahre und der Gegenwart
Untertitel
Veranstaltungsnummer 10-GER-BA-A3-7
Semester WiSe 2025/2026
Aktuelle Anzahl der Teilnehmenden 74
erwartete Teilnehmendenanzahl 25
Heimat-Einrichtung Germanistik
Veranstaltungstyp Seminar in der Kategorie Lehre
Nächster Termin Montag, 08.12.2025 14:15 - 15:45, Ort: GW1 A0010
Art/Form
Englischsprachige Veranstaltung Nein

Räume und Zeiten

GW1 A0010
Montag: 14:15 - 15:45, wöchentlich (14x)

Modulzuordnungen

Kommentar/Beschreibung

Die Forschung zur literarischen Erinnerungskultur gehört zu den wesentlichen Arbeitsfeldern der kulturwissenschaftlichen Literaturwissenschaft. Dabei geht es einerseits darum, wie und über welche Zeiträume Erinnerungsprozesse in Gesellschaften verlaufen, andererseits geht es darum, in die zeitgenössischen Debatten über solche Erinnerungsprozesse einzugreifen und schließlich darum, Impulse für das kollektive Erinnern zur Verfügung zu stellen. Die Literatur hat dabei in der eu-ropäischen Kulturgeschichte die Funktion erhalten, solche Prozesse zu reflektieren und sich dabei – z.B. durch die Fiktionalisierung – größere Spielräume erarbeitet als andere Medien er Erinnerung.
Das Seminar soll sich mit diesen besonderen Relationen von Literatur und Erinnerung in Theorie und Interpretationspraxis auseinandersetzen. Zunächst soll auf der Grundlage eines Standardwerks von Astrid Erll der Zusammenhang von Literatur und Erinnerungskultur erarbeitet werden und auf dieser Grundlage sollen Auszüge aus zentralen Geschichtsromanen der 1970er Jahre ianalysiert werden. In einem zweiten Arbeitsschritt sollen die Geschichtsromane der 1970er Jahre mit einer Auswahl zentraler Geschichtsromane der Gegenwartsliteratur in Beziehung gesetzt werden.
In der deutschen Literaturgeschichte hat die Auseinandersetzung mit historischen Themen und Konstellationen immer eine Rolle gespielt. Auch in der Nachkriegszeit des zweiten Weltkriegs finden sich in allen Textsorten intensive Auseinandersetzungen mit dem Thema des Nationalsozialismus, mit Scham und Schuld. Im Umfeld und teils unter dem Einfluß der Debatten der 68er Bewegung, die die öffentliche Aufarbeitung – nicht aber die künstlerische – des Nationalsozialismus als nicht angemessen kritisierte, entstand in der deutschen Literatur eine literarische Reihe von Romanen, die die Auseinandersetzung mit diesem Themenfeld noch einmal intensivierte. Ingeborg Bachmann konfrontierte in ihrem Roman „Malina“ (1971) die Ebene der Paarbeziehungen, die sie als Krieg auffaßte mit Konstellationen, die sich auch im Nationalsozialismus analysierte und auch auf dessen Weiterwirken in der Gesellschaft der Gegenwart bezog. Geschichte, Zeitgeschichte und die individuellen Konflikte der Gegenwart werden in ein Abhängigkeitsverhältnis gebracht. Uwe Johnson hat in seinem Hauptwerk „Jahrestage“ die U.S.-amerikanische Zeitgeschichte eines Jahres, das mit dem Beginn des Prager Frühlings 1968 endet mit der Geschichte des Nationalsozialismus sowie der Zeitgeschichte der DDR und der Bundesrepublik in Beziehung gesetzt und damit sowohl die Entwicklung von biographischen Mustern, aber auch das Fortbestehen von sozialen und politischen Konfliktmustern in der Zeit vom Nationalsozialismus bis weit in den kalten Krieg hinein verfolgt. Peter Weiss arbeitet in seinem Roman „Die Ästhetik des Widerstands“ die von der Öffentlichkeit bis dahin nur wenig zur Kenntnis genommene Geschichte des kommunistischen Widerstands gegen den Nationalsozialismus vom spanischen Bürgerkrieg bis zum Ende des zweiten Weltkriegs auf und setzt sie mit der Bedeutung der Kunst, konkret besonders der bildenden Kunst für Widerstand und Widerstandskämpferinnen und Kämpfer in Beziehung. Die Felder, die hier besonders angesprochen werden, das Fortwirken in die Persönlichkeitsstrukturen, die Relation von gegenwärtigen und historischen Fehlentscheidungen und die Rolle der Unterdrückten und der Kunst für den Widerstand verdanken sich der Auseinandersetzung mit der 68er Bewegung.
Diese Schwergewichte der deutschen Romanliteratur sollen mit einer Gruppe von Texten in Beziehung gesetzt werden, die die Debatten der Gegenwart in ihre Verarbeitung der Geschichte – besonders der Geschichte des Nationalsozialismus und der DDR – einbeziehen. WG Sebald geht in seinem Roman „Austerlitz“ von zwei Konstellationen aus, die für die Erinnerungskultur an die Ver-brechen des Nationalsozialismus in der Gegenwart eine wesentliche Rolle einnehmen, vom Erinnerungsverlust durch das Sterben der Zeitzeugen und die damit einhergehende Mediatisierung der Erinnerung, damit verbunden ist die Frage nach den adäquaten Medien der Erinnerung. Unter dem Eindruck der Mediatisierungsdebatte wendet sich Reinhard Jirgl in seinem Roman „Die Stille“ einem weiteren Feld zu, das für die Erinnerungskultur der Gegenwart Bedeutung gewinnt: der DDR-Diktatur und der Verarbeitung der Widervereinigung in der Gegenwart der 2000er Jahre, die durch die Hoffnung auf unbegrenztes Wirtschaftswachstun gekennzeichnet waren. Jirgl konstelliert Widerstandsgeschichten einer Familie aus dem Nationalsozialismus, der DDR und der Bundesrepublik und verarbeitet die Kontinuitäten und Brüche von Staatsmacht und individuellen Strategien. Uwe Tellkamp widmet sich in seinem Roman „Der Turm“ der DDR-Geschichte bis zu deren Ende und legt dabei den Schwerpunkt auf die Konstellationen von individuellen Freiheiten oder Freiheitsbedürfnissen und der staatlichen Kontrolle. Den Rahmen des Romans bildet besonders die DDR-Literaturgeschichte. Nach den Entwicklungen der Dresdener Szene um 2015 herum wird teils der Autor Tellkamps, teils seine Fortsetzung des Romans in die neurechte Szene eingeordnet. Es gilt zu überprüfen, ob solche Tendenzen bereits vorher aufzufinden sind. In vergleichbaren Fällen aus derselben Szene war das durchaus der Fall (vgl. Rainald Goetz Urteil über Neo Rauch in „Loslabern“).
Im Zentrum soll die Frage stehen, wie die Romane Erinnerungskultur gestalten und wie sie damit in die Diskurse ihrer Zeit einwirken.

Zur Einführung: Astrid Erll: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskultur. Eine Einführung. Stuttgart 2017.

Anmeldemodus

Die Auswahl der Teilnehmenden wird nach der Eintragung manuell vorgenommen.

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